Ein etwas anderer Deutschunterricht

01. JUL 2025 Aktuelles

Am Donnerstag, den 12. Juni 2025, war die Deutschstunde für die Klasse 6c unter der Leitung von Frau Auer-Konrad etwas anders. Im Unterricht lasen sie schon seit ein paar Wochen „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ von Judith Kerr.

Kerr ist eine der bekanntesten deutschen Autorinnen mit jüdischen Wurzeln. Aber auch eine ihrer Freundschaften war etwas ganz Besonderes. Der Name dieser Freundin lautet Dr. Deborah Vietor-Engländer. Beide lernten sich in der BBC, der englischen Rundfunkanstalt, kennen. Dr. Vietor-Engländer schrieb viele erfolgreiche Bücher, eines sogar über Kerrs Vater Alfred Kerr, der ein sehr berühmter Schriftsteller, Theaterkritiker und Journalist war.

Von dieser besonderen Frau bekam die 6c Besuch. Sie hatte das Glück, der 79-jährigen zu begegnen und ihr viele Fragen über Judith Kerr und die damalige Zeit stellen zu können.

Dr. Vietor-Engländer berichtete von der Flucht ihres Vaters, der Rettung ihrer Schwester und ihrem gemeinsamen Leben in England. So wurde ihre Schwester einst mit einem Kindertransport aus Prag gerettet. Der Kindertransport war ein Rettungsprogramm, um Kinder aus Gefahrengebieten zu retten und sie nach London zu bringen. Auch nach Vietor-Engländers Vater wurde gesucht, ähnlich wie es in der Lektüre beschrieben ist, wenn auf Annas Vater ein Kopfgeld ausgesetzt worden war.

Dr. Vietor-Engländer hatte großes Glück, da sowohl ihre Eltern als auch ihre Schwester überlebt hatten. Doch die meisten ihrer anderen Verwandten starben im Konzentrationslager.

Bei ihrem Auslandssemester in Deutschland lernte Dr. Vietor-Engländer ihren deutschen Mann kennen, mit dem sie später nach Deutschland zog. Dort wurde ihre Tochter geboren und sie führen hier ein glückliches Leben. Mittlerweile lebt ihre Tochter in England, das sie selbst noch immer als ihre Heimat sieht und wo sie so viel Zeit wie möglich verbringt.

Der Kontakt zu Judith Kerr riss niemals ab, sie trafen sich bis zu deren Tod 2019 regelmäßig.

Dr. Vietor-Engländer ging während ihrer ausführlichen Erzählung stets durch die Reihen der Schüler und Schülerinnen und beantwortete bereitwillig alle Fragen. Auch brachte sie Fotos mit von sich und Judith Kerr sowie von Judith und ihrer Katze mit. Sie erzählte zum Beispiel, dass Kerrs Katze immer versuchte, in den Kuchen zu springen.

Sie ist ein großer Fan von Kerrs Büchern und zeigte der Klasse das Buch „Ein Seehund für Herrn Albert“. Die Hintergrundgeschichte hierzu ist durchaus interessant: Kerrs Vater rettete einst einen verwaisten Seehund und nahm ihn mit zu sich nach Hause. Leider musste der Seehund nach ein paar Tagen eingeschläfert werden. So schrieb sie dieses Buch, um ihrem Vater eine Freude zu machen.

Kerr gründete mit ihrem Bruder nach dem Tod ihres Vaters die Alfred-Kerr-Stiftung, in der jedes Jahr einem deutschen Nachwuchsschauspieler der Alfred-Kerr-Preis verliehen wird. Dr. Vietor-Engländer ist die Präsidentin der Stiftung. Auch ein Mitglied der Kerr-Familie ist bei der Preisverleihung immer dabei.

Fast zwei Stunden erzählte Frau Dr. Vietor-Engländer von der Zeit mit Judith Kerr und ihren persönlichen Erinnerungen, wobei die Klasse von ihrer Offenheit und ihrer zugewandten Art sehr beeindruckt war.

Am Ende überreichten ihr die Klassensprecher der Klasse 6c, Ella Scholz und Lars Busse, einen Blumenstrauß von der Klasse.

Vielen Dank an Frau Auer-Konrad und Frau Dr. Burkhart, die den Kontakt hergestellt hat.

Besonders bedanken möchten wir uns natürlich bei Frau Dr. Vietor-Engländer für diese außergewöhnliche Deutschstunde, es hat uns sehr gefallen!

 

Lina Klein und Tyra Lippert aus der 6c

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